Inxeba

John Trengove | 2017 | 88 Min. | XH/en
03.10.2019 | Neues Kino Basel, Klybeckstrasse 247, 4057 Basel | 20.00 Uhr

Das Team von «royalscandalcinema» gestaltet am Basler Luststreifen Filmfestival einen «Skandalfilmblock» mit Queer-Thematik. Gezeigt wird am 3. Oktober 2019 der südafrikanische Film «Inxeba (The Wound)». Die darin verhandelten Konstruktionen von Tradition und Moderne, Männlichkeit und Sexualität führten zu Applaus in liberalen Kreisen und zu massiven Protesten in konservativen Milieus. Gleichzeitig wurde dem Regisseur John Trengove kulturelle Aneignung vorgeworfen. Gesine Krüger, Südafrikaspezialistin und Geschichtsprofessorin an der Universität Zürich wird den Film und dessen Skandalisierung einführen.

Im Rahmen von «Ulwaluko», einem Beschneidungsritual, verbringen die jungen Xhosa-Männer mehrere Tage gemeinsam in den Bergen. Sie fasten, singen, baden, meditieren und rauchen Marihuana. Das Ritual dient als «Rite de Passage»: Das Ritual soll aus den jungen Xhosa «richtige» Männer machen. Sogenannte «Caregiver» führen die Ritualteilnehmenden durch die Prozedur. Dabei treffen unterschiedliche Welten aufeinander. Der siebzehnjährige Kwanda wird von seinem Vater, einem wohlhabenden Geschäftsmann in die Berge geschickt, um das Ritual dort zu durchlaufen, wo er selbst aufgewachsen ist. Kwanda wird von den anderen Teenagern zurückgewiesen. Xolani, sein Caregiver, hat die ländliche Umgebung ebenfalls verlassen, gehört allerdings nicht zu den wohlhabenden Kreisen, sondern arbeitet als Lagerist in Queenstown.

Xolani freut sich auf jährliche Rückkehr. Das Ritual bietet ihm die Möglichkeit, seine heimliche Liebesbeziehung mit Vitcha, einem  anderen Caregiver auszuleben. Homosexualität unter erwachsenen Männern wird von der konservativen Mehrheit der Xhosa geächtet. Vitcha hat sich dem gefügt, eine Frau geheiratet und Kinder gezeugt. Xolani ist in die Stadt gezogen. Das Ulwaluko-Ritual bietet den beiden die Möglichkeit, einige Tage miteinander zu verbringen. Der junge Kwanda erkennt die Natur der Beziehung zwischen Xolani und Vitcha. Kwanda ermuntert Xolani zu seiner Sexualität zu stehen. Vitcha sieht sein Geheimnis bedroht. Spannungen entstehen.

«Inxeba» wurde von der internationalen Kritik äusserst positiv wahrgenommen und gewann diverse Preise. In einer Filmbesprechung für das Schweizer Fernsehen meinte Selim Petersen: «Gegen dieses südafrikanische Schwulendrama wirkt ‹Brokeback Mountain› wie Kinderkram. […] Mitgefühl, Begehren und Aggression liegen in diesem fiebrigen Film über Homosexualität, Homophobie und Männlichkeit ganz nah beieinander.» Der Filmkritiker Guy Lodge, beschrieb den Film in Variety als kantige und kompromisslose aber wunderschön ausgearbeitete Studie von unterschiedlichen, aufeinanderprallenden Männlichkeitsidealen.

In Südafrika, vor allem in der vorwiegend von Xhosa bevölkerten Provinz Ostkap, wurde der Film weniger positiv wahrgenommen: Massenproteste und Vandalismus führten dazu, dass die Kinos nach dem ersten Vorführtag auf weitere Vorstellungen verzichteten. Die Schauspieler und der Regisseur erhielten Todesdrohungen. Der «Congress of Traditional Leaders of South Africa» forderte, zusammen mit christlichen Kirchen und Vereinigungen, dass der Film als Pornographie eingestuft werde. Sie empörten sich darüber, dass homoerotische Liebe und homosexuelle Handlungen in Kinos öffentlich thematisiert wurden. Diese Reaktion gehörte zu einem gewissen Grad zum Kalkül des Filmteams. Es war ihr Ziel, die hegemoniale Vorstellung von heteronormativer Gesellschaft und heterosexueller Maskulinität subversiv zu unterwandern. Malusi Bengu, der Drehbuchautor meinte dazu: «Die Idee zum Film wurde angestossen durch Äusserungen afrikanischer Anführer wie etwa Robert Mugabe, der sagte, Homosexualität sei etwas ‹unafrikanisches›. Dem wollten wir uns entgegenstellen.»

Gleichzeitig wurde John Trengove, dem Regisseur, kulturelle Aneignung vorgeworfen. Kritiker machten geltend, dass sich Trengove als Weisser über ein sakrales Ritual lustig mache und dass er kein Recht dazu hätte, über die Kultur der Xhosa zu urteilen. «Ulwaluko» sei ein Geheimritual, dessen Praktiken nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollten.

Die Vorführung findet im Rahmen des Basler Luststreifen Filmfestivals statt, das sich Filmen widmet, die sich mit Queerness, Diversität, Gleichberechtigung und Genderfragen befassen. Dafür verlässt «royalscandalcinema» das Kulturlokal Royal in Baden und zeigt den Film am 3. Oktober 2019 im Neuen Kino Basel.