Deepa Mehta | 1996 | 104 Min. | HI/EN/de
16.02.2017 | Kulturbetrieb Royal, Bahnhofstrasse 39, 5400 Baden | 20.00 Uhr
Was ist skandalöser? Zwei Frauen, deren Leidenschaft traditionelle Hürden überwindet, oder die Annahme, dass diese Liebe durch die fehlende sexuelle Zuwendung ihrer Männer ausgelöst wurde? Die Antwort fällt je nach Kontinent anders aus.
In Indien sorgte Deepa Mehtas «Fire» vor allem wegen der verbotenen, lesbischen Beziehung für hitzige Reaktionen. Kinos wurden von Traditionalisten angriffen, die Regisseurin mit Mord bedroht und der Film zeitweilig verboten. Dass der Film zudem ein tristes Bild der traditionellen, indischen Grossfamilie zeichnet, trug einiges zur Empörung hinzu. Im Europa und Amerika wurde der Film hingegen als indisches Zeichen für Emanzipation und Individualität gefeiert. Kritik gab es hingegen von westlichen Lesbenbewegungen, die sich an der klischierten Darstellung lesbischer Sexualität störten. Die Mehrheit der indischen Homosexuellen betrachtet den Film jedoch als Meilenstein in ihrer Gleichstellung.
Dabei ging es Deepa Mehta in erster Linie gar nicht darum, einen Lesbenfilm zu drehen. Sie interessierte vielmehr die Frage, ob Menschen die Würde haben, einen eigenen Standpunkt einzunehmen, auch wenn dieser dem traditionellen Glauben entgegengesetzt ist. Eine Frage, die auch die Religionswissenschaftlerin und Indologin Caroline Widmer beschäftigt. Ihre Antworten präsentiert sie diesen Monat im «royalscandalcinema».
Wie es die Tradition verlangt, zieht Sita nach ihrer Heirat zur Familie ihres Mannes Jatin nach Delhi. Doch dieser vergnügt sich lieber mit seiner chinesischen Geliebten und ist Nächte lang ausser Haus. Und auch ihre kinderlose Schwägerin Radha wird von ihrem Mann vernachlässigt, der seit längerem ein religiöses Leben als Asket bevorzugt. Die zwei alleingelassenen Frauen kommen sich näher und zwischen ihnen entfacht ein leidenschaftliches Feuer. Doch dies darf niemand erfahren.