Gerard Damiano | 1972 | 67 Min. | EN/en
28.11.2020 | Film Kunst Festival Porny Days im Kino Riffraff | 18:15 Uhr
Am Samstag, 28. November 2020 kuratiert «royalscandancinema» an den Zürcher Porny Days ein Gastprogramm zu «Deep Throat». An dem Film lassen sich diverse Skandalmomente festmachen: Von der Popularität des «Porno Chics», feministischen Anti-Pornographie-Protesten, christlich-konservativer Empörung, Aufführungsverboten und der Politisierung des Supreme Courts, über Mafiageldwäsche, hin zur Diskussion über Nötigung am Filmset. Eingeführt wird der Film durch Monika Dommann, Geschichtsprofessorin an der Universität Zürich.
Das Narrativ des Films ist kurz dargestellt: Linda ist frustriert, weil sie noch nie einen Orgasmus erlebt hat. Auf den Rat ihrer besten Freundin sucht sie einen Arzt auf. Nach eingehender Untersuchung stellt dieser fest: Lindas Klitoris ist nicht Teil ihrer Vulva, sondern steckt tief verborgen in ihrer Kehle. Damit sie Orgasmen erfahren könne, solle sie Oralsex mit Männern praktizieren. Sie tut’s – und erlebt sexuelle Erfüllung; immer und immer wieder.
Anders als vorhergehende Pornofilme wurde «Deep Throat» zu einem massenkulturellen Phänomen. Auch wenn sich sein Plot wie eine nicht allzu tiefsinnige Heteromännerfantasie liest, wurde dem Film von seinen Fans zugutegehalten, dass er zumindest dafür einstehe, dass Frauen ein Recht auf Orgasmen hätten und dass die Suche nach sexueller Befriedigung ein absolut legitimes Anliegen sei – was von christlich-konservativer Seite zu Beginn der 1970er Jahre grösstenteils verneint wurde.
Die mediale Diskussion um den Film machte den Film innert kürzester Zeit äusserst populär. Als wohl erster Pornofilm überhaupt wurde «Deep Throat» in regulären Kinos gezeigt. Promis – wie etwa Jackie Kennedy – wurden dabei fotografiert, wie sie sich «Deep Throat» im Kino anschauten, was wiederum massenmedial ausgeschlachtet wurde. Damit leitete der Film eine Welle ein, welche die New York Times mit dem namensgebenden Label «Porno Chic» umschrieb.
«Deep Throat» erregte die Gemüter. Emanzipatorische Feminist*innen wie Susan Brownmiller demonstrierten vor Kinos und forderten die Befürworter der Pornographie in Talkshows wortgewandt heraus. Antipornographische Konferenzen und Aktivist*innengruppen wie «Women against Pornography» formierten sich in den Folgejahren. Sex-positive Feminist*innen wiederum hielten deren Kampagnen für fehlgeleitet und sahen in ihnen eine Bedrohung der sexuellen Freiheit, woraus sich ein argumentativer Schlagabtausch entwickelte, der retrospektiv als «Feminist Sex Wars» etikettiert wurde.
Gegen den Film mobilisierte auch das christlich-konservative Lager. In 23 Bundesstaaten der USA wurde der Film mit Aufführungsverboten belegt. Kinos, die den Film zeigten, wurden polizeilich geschlossen. Die Administration Nixon erliess neue Gesetze gegen «Sodomie» und «Obszönität». Gegen die Filmcrew wurden Prozesse geführt. Harry Reems, der männliche Hauptdarsteller, wurde in einer abenteuerlichen Anklage wegen «Verschwörung gegen den Staat» zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das wiederum mobilisierte Schauspieler*innen, die sich für künstlerische Freiheit und gegen die Willkür des Staats einsetzten. Die gerichtliche Zweitinstanz sah das ähnlich: Sie sprach Reems frei, da der Film vor Einführung der neuen Gesetze gedreht wurde.
«Deep Throat» wurde als Low-Budget-Film mit Kosten von 22’500 US-Dollar in nur sechs Tagen gedreht, spielte in der Folge aber über 600 Millionen US-Dollar ein. Roger Ebert meinte, dass «Deep Throat» daher der profitabelste Film der Filmgeschichte sei. Produktion und Vertrieb wurden – wie sich später herausstellte – allerdings durch die Cosa Nostra finanziert; was dem Film einen weiteren Skandalisierungsmoment bescherte.
Eine weitere Skandalisierungseben eröffnete sich, als die weibliche Hauptdarstellerin Linda Lovelace (bürgerlich: Linda Boreman) in ihrer 1980 erschienen Autorbiographie beschrieb, dass sie am Filmset hypnotisiert gewesen und von ihrem damaligen Ehemann zur Schauspielerei und Sex genötigt worden sei. Gleichsam wurden gegen die Darstellung von Lovelace Zweifel erhoben: Ihr wurde in der Folge vorgeworfen, dass sie sich von der Anti-Pornographie-Bewegung instrumentalisieren liess und die Bedingungen am Set verfälscht darstelle; Vorwürfe, die wiederum unter dem Gesichtspunkt von «victim blaming» diskutiert wurden.
«royalscandalcinema» zeigt «Deep Throat» im Rahmen der Zürcher «Porny Days» im Kino Riffraff an der Neugasse 57/63, 8005 Zürich, am Samstag, 28. November 2020, Start um 18.20 Uhr.
Eintritt: 19.00 CHF (5.00 CHF Ermässigung mit Kinokarte / 2.00 CHF mit Legi) im Online-Vorkauf des Riffraffs.